Mercedes-Benz, Edith-Kiss-Straße, 10243 Berlin
Leere Fläche in Berlin = Neubauten = neue Straßen = neue Straßennamen. Durch viele unbebaute Flächen kam es seit den 90er zu Neubauten und zu neuen Straßen in Berlin. Neue Firmensitze, Wohnhäuser oder Denkmäler werden seitdem an solchen Orten errichtet, wie das Holocaust-Denkmal gegenüber vom Tiergarten im Jahr 2005. Hier sind z.B. zwei neuen Straßen um das Denkmal entstanden. Wie es vom Bezirk Mitte 2004 beschlossen wurde, erinnern sie nun an 2 Frauen: an die Berlinerin Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlerin Cora Berliner und die Philosophin Hannah Arendt.
Mercedes-Benz in Berlin, Edith Kiss in Genshagen
Nahe Ostbahnhof gab es auch bis vor kurzem noch Brachland. Seit dem Sommer 2013 aber sitzt die neue bundesweite Vertriebszentrale von Mercedes-Benz gegenüber der East Side Gallery und dem Ostbahnhof. Vier moderne und glänzende Gebäude mit 1200 Mitarbeiter und eine repräsentative Adresse für seinen Sitz hätte der Konzern gerne gehabt. Dies entschied die grün-rote Fraktion des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg allerdings anders.
Ein Frauenname musste es sein. Verschiedene Frauennamen wurden vom Konzern vorgeschlagen – alle jedoch zurückgewiesen. Mercedes Jellinkek, Tochter des Gründers und Namenspatin der Automobilmarke und Bertha Benz, Ehefrau des Firmengründers Carl Benz, die als Anhängerin des NS-Regimes galt, fanden beim Bezirk keine Zustimmung.
Die „Planstraße D“ trägt nun den Namen Edith Kiss. Edith Kiss war Künstlerin, Ungarin und Jüdin. 1944 musste sie als KZ-Häftling in Genshagen für Mercedes-Benz Zwangsarbeit leisten. Für die Fraktionen im Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg, eine Art, den deutsche Autokonzern mit ihrer Geschichte zu konfrontieren.
Edith Kiss Zwangsarbeiterin beim Mercedes-Benz Werk
Edit Rott wuchs in einer ungarisch-jüdischen Familie auf. Sie studierte Bildhauerei an den Kunstakademien in Budapest und Düsseldorf und Malerei bei István Réti in der Künstlerkolonie von Nagybánya. In den Dreißigerjahren lernte sie Mitglieder eines Bunds sozialistischer Künstler kennen, heiratete Tivadar Bán und arbeitete als Chefsekretärin bei Dr. Sándor Kiss, dem Direktor der Hitel-Bank in Budapest.
Ab Oktober 1944 musste sie Zwangsarbeit in Ungarn leisten und wurde dann über Österreich ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert.
Von Ravensbrück nach Genshagen.
Ab Dezember 1944 musste sie als Zwangsarbeiterin im Daimler-Benz Werk in Genshagen Flugzeugmotoren für den Krieg montieren. Ein Paar Wochen vor dem Ende des Krieges wurde sie nach Ravensbrück zurückgeführt. Am 30. April 1945 gelang ihr die Flucht aus dem „Todesmarsch“ bei Strasen/Havel. Über viele Umwege über Berlin, Prag ist sie schließlich am 1. Juli 1945 über Bratislava in Budapest angekommen.
In den Wochen nach ihrer Rückkehr malte Edit die 30 Gouachen des Zyklus „Deportation“. Die erste Ausstellung wurde schon am 22. September 1945 in Budapest präsentiert. Ein Grundstein zu den Erinnerungsorten des Holocaust. Edit wanderte in den Westen mit ihrem zweiten Ehemann Sándor Kiss. Diese Zeit prägten ihre Bilder bis zum Ende ihres Lebens 1966.